(Eine sehr verkürzte Darstellung meiner Beweggründe.)
Ich bin Tänzerin. Die Ästhetik des Flamenco ist nach so vielen Jahren des Übens in meinen Körper eingeschrieben. Und ich lasse mIch von Erlebnissen bewegen. Das sind Erlebnisse mit der äußeren Welt – Menschen, Tiere, Objekte – und meine inneren Erlebnisse – Empfindungen, Gefühle, Gedanken. Alles in allem ist es sinnliches Erleben. Und weil mir jedes Erleben immer ein bisschen mehr über mich selbst verrät und mich mir selbst näher bringt, nenne ich es auch „intimes Erleben“ (#IntimesErleben).
Was immer dabei ist: mein Körper. Oder wie ich gerne sage mein Leib.
Christian Dillo hat eine wunderbare Erklärung dazu geschrieben:
„Der menschliche Körper ist ein seltsames Phänomen. Er ist einerseits ein Objekt unter anderen Objekten: Bäume, Vögel, Häuser, Ameisen, Ozeane, Atome, Galaxien. Man kann ihn, wie diese anderen Objekte auch, sehen, hören, tasten, riechen und schmecken. Andererseits kann man den Körper – wenn er der eigene ist – sozusagen von innen her spüren. In der deutschsprachigen Philosophie ist für den gespürten Körper das leicht verstaubt anmutende und mitunter religiös aufgeladene Wort Leib wiederentdeckt worden.“ (Dillo, 2022, S.19f)
Den eigenen Körper von innen her spüren.
Damit bin ich bei dem zweiten Tanzstil angelangt, der mich seit vielen Jahren begleitet: Butoh.
Butoh wird auch „Tanz der Dunkelheit“ genannt. Er hat sich in den 1950er Jahren in Japan entwickelt. Es geht um einen unmittelbaren körperlichen Ausdruck des inneren Lebens. Dazu gehören auch die unangenehmen und schmerzhaften Dinge. Ich persönlich beziehe alles ein, was ich nicht so gern von mir zeigen möchte, für das ich mich vielleicht sogar schäme. Und das können tatsächlich auch Wünsche und Begierden sein.
Mich dem zu widmen, hat etwas mit „Loslassen“ zu tun. Mit dem Aspekt von „Loslassen“, der „lass mich etwas tun“ in sich trägt. Ich lasse mich selbst etwas tun, das ich bisher vielleicht aus Angst vor Beschämung nicht getan habe.
Eine Übung, mit der ich sehr gerne arbeite, ist diese:
Ich stehe aufrecht, stabil, das Gewicht auf meine Füße verteilt.
Und dann beginne ich, mir mein Skelett vorzustellen. Versuche, die einzelnen Knochen zu visualisieren, wie sie in meinem Körper liegen. Ihre Oberfläche. Und dann stelle ich mir vor wie sie das sie umgebende Fleisch berühren. Die Sehnen. Die Muskeln. Das Fleisch wie es die Faszien berührt, die wiederum die Innenseite meiner Haut berühren.
Und ich beginne mIch zu bewegen: Ich stelle mir vor wie sich die Berührungspunkte in meinem Körper verändern, wenn ich die Position meiner Knochen verändere. Ich beuge ein Knie und der knöcherne Teil meines Knies berührt andere Teile meiner Sehnen, meiner Muskeln. Ich hebe meinen Arm und der Knochen gibt über eine Berührung dem umliegenden Fleisch einen Impuls.
Berührung von innen nach außen.
Und dann kam Latex dazu. Ich erinnere mich noch ganz genau an das „erste Mal“.
Eine Schicht auf meiner Haut, die mich auf faszinierende Art erweitert.
Das ist das, was ich erlebe. Eine Erweiterung meines Leibs.
Und das hat einen Impact auf meine Art mich zu bewegen. Ich finde mit dieser weiteren Berührung von innen nach außen einen erweiterten Ausdruck.
Manchmal lässt Latex mich die Welt – innen und außen – so intensiv erleben, dass es mich überwältigt. Dann gibt es manchmal diesen Moment, in dem innen und außen nicht mehr getrennt sind voneinander.
So ähnlich wie im Flow, in einer Meditation oder wenn ich tanze.
Ich liebe das.